13. Dezember 2024

KI-Übersetzungen in der Praxis: Mensch vs. Maschine

Die Entwicklung von KI-gestützten Übersetzungstools hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Systeme wie ChatGPT oder DeepL bieten Nutzern mittlerweile überzeugende Lösungen für schnelle und zugängliche maschinelle Übersetzungen (MÜ). Doch wie gut sind diese Tools wirklich? Und können sie mit menschlichen Übersetzern mithalten? In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die aktuellen Möglichkeiten und Grenzen von KI-Übersetzungen und vergleichen die Ergebnisse mit menschlicher Expertise.

Wie funktionieren KI-Übersetzungen genau?

KI-Übersetzungen basieren auf neuronalen Netzen, die riesige Mengen an Textdaten analysieren und Muster erkennen, um Sprache zu verstehen und zu übersetzen. Die meisten modernen Übersetzungssysteme nutzen sogenannte Transformer-Modelle, eine spezielle Architektur für maschinelles Lernen, die Kontextinformationen effizient verarbeiten kann. Diese Modelle durchlaufen zwei Hauptphasen:

  1. Training: Das System wird mit Millionen von Satzpaaren in verschiedenen Sprachen trainiert, um Zusammenhänge zwischen Wörtern, Phrasen und Kontexten zu erlernen.
  2. Inference: Während der Nutzung analysiert das System den Eingabetext, erstellt eine interne Repräsentation des Kontexts und generiert eine Übersetzung basierend auf den gelernten Mustern.

Zusätzlich setzen viele Tools Techniken wie maschinelles Lernen, Sprachmodelle und Algorithmen zur Kontexterkennung ein, um qualitativ bessere Übersetzungen zu liefern. Dennoch gibt es Grenzen, da diese Systeme nicht „verstehen“ wie ein Mensch, sondern lediglich auf Basis statistischer Wahrscheinlichkeiten arbeiten.

Welche KI-Übersetzungstools gibt es aktuell auf dem Markt?

Die Auswahl an KI-Übersetzungstools ist groß und wird ständig erweitert. Hier sind einige der populärsten Optionen:

  • DeepL: Bekannt für seine hohe Übersetzungsqualität und die einfache Benutzeroberfläche. Besonders stark in europäischen Sprachen.
  • ChatGPT: Ursprünglich ein Sprachmodell, das mittlerweile auch als Übersetzungstool eingesetzt wird. Flexibel und kontextsensitiv, aber mit Schwächen bei fachlichen Details.
  • Google Translate: Eines der bekanntesten Tools, das in nahezu allen Sprachen verfügbar ist, aber teils inkonsistente Ergebnisse liefert.
  • Microsoft Translator: Integriert in viele Office-Produkte, ideal für die schnelle Übersetzung von Dokumenten.
    Amazon Translate: Besonders für Unternehmen interessant, die große Mengen an Texten in Echtzeit übersetzen müssen.

Die Vor- und Nachteile von KI-Übersetzungen

Vorteile

1. Schnelligkeit: KI-Systeme liefern Übersetzungen in Sekundenschnelle. Beispiel: Ein Vertrag mit 10.000 Wörtern kann innerhalb von Minuten übersetzt werden.
2. Kostenersparnis: Besonders bei großen Textmengen können MÜ-Lösungen kostengünstiger sein als menschliche Übersetzungen.
3. Skalierbarkeit: Ideal für Unternehmen, die simultan mehrere Sprachen bedienen müssen. Beispiel: Eine globale Marketingkampagne kann gleichzeitig in 20 Sprachen übersetzt werden.
4. Zugänglichkeit: Viele Tools sind kostenlos oder kostengünstig verfügbar.
5. Lernfähigkeit: Moderne KI-Systeme können kontinuierlich verbessert werden, indem sie durch Feedback und neue Daten trainiert werden.

Nachteile

1. Kontextmangel: KI-Systeme haben Schwierigkeiten, den Kontext eines Textes richtig zu interpretieren. Beispiel: Ein doppeldeutiger Satz wie „Der König sprach zu seinem Volk“ könnte je nach Kontext unterschiedlich übersetzt werden.
2. Stilistische Einschränkungen: Besondere sprachliche Nuancen und kulturelle Konventionen werden oft nicht beachtet. Beispiel: Marketingtexte, die kulturelle Anspielungen enthalten, werden häufig wortwörtlich und nicht idiomatisch übersetzt.
3. Qualitätsschwankungen: Die Ergebnisse variieren stark je nach Textsorte, Fachgebiet und Zielsprache. Beispiel: Ein technischer Text wird oft korrekt übersetzt, ein poetischer Text jedoch kaum zufriedenstellend.
4. Nachbearbeitung erforderlich: Um eine qualitativ hochwertige Übersetzung zu erhalten, ist oft ein menschliches Post-Editing notwendig. Beispiel: Ein juristischer Text erfordert oft genaue Kenntnis der Fachterminologie, die KI-Tools nicht immer liefern.

Die Bedeutung von Terminologie und Terminologiemanagement für sichere KI-Übersetzungen

Ein entscheidender Faktor für die Qualität von KI-Übersetzungen ist die konsistente Verwendung von Fachterminologie. Besonders in Branchen wie Recht, Medizin oder Technik, wo präzise Begriffe unerlässlich sind, kann ein gut gepflegtes Terminologiemanagement den Unterschied ausmachen.

Warum ist Terminologie wichtig?

KI-Systeme sind oft nicht in der Lage, zwischen synonymen oder mehrdeutigen Begriffen zu unterscheiden, wenn keine klare Vorgabe existiert. Beispiel: Im technischen Bereich kann das Wort „Leitung“ je nach Kontext „Cable“, „Management“ oder „Pipe“ bedeuten. Ohne Terminologie-Datenbank trifft die KI möglicherweise eine falsche Wahl.

Wie unterstützt Terminologiemanagement die KI?

  • Vorgabe von Glossaren: Durch die Integration von Fachglossaren in das KI-System können Übersetzungen präziser werden.
  • Feedbackschleifen: Durch regelmäßige Aktualisierung der Terminologie kann die KI besser auf neue Anforderungen reagieren.
  • Verbesserung der Konsistenz: Terminologiemanagement sorgt dafür, dass Begriffe innerhalb eines Textes einheitlich übersetzt werden.

Qualitätssicherung von KI-Übersetzungen mit Post-Editing

Selbst die besten KI-Systeme liefern nicht immer perfekte Ergebnisse. Hier kommt das sogenannte Post-Editing ins Spiel, bei dem menschliche Übersetzer den Output der KI überarbeiten, um Fehler zu korrigieren und die Lesbarkeit zu verbessern.

Was umfasst Post-Editing?

• Korrektur von Grammatik- und Rechtschreibfehlern: Auch fortschrittliche KI-Tools machen Fehler bei der Grammatik oder Interpunktion.
• Anpassung an den Kontext: Menschen können den kulturellen und stilistischen Kontext eines Textes besser beurteilen.
• Prüfung der Terminologie: Fachbegriffe werden überprüft und gegebenenfalls angepasst.
• Verbesserung des Stils: Besonders bei kreativen oder werblichen Texten sorgt Post-Editing für eine ansprechendere Sprache.

Beispiele aus der Praxis

Technische Handbücher: Nach der maschinellen Übersetzung wird überprüft, ob alle technischen Begriffe korrekt und konsistent sind.
• Marketingmaterialien: Hier ist oft eine komplette stilistische Überarbeitung nötig, um die Botschaft wirkungsvoll zu vermitteln.

In oder aus welchen Sprachen funktionieren KI-Übersetzungen besonders gut?

Moderne KI-Übersetzungssysteme sind besonders gut in der Verarbeitung von Sprachen, die über große und gut annotierte Datensätze verfügen. Hier sind einige Beispiele:

Sprachen mit hoher Übersetzungsqualität

1. Englisch: Als meistgesprochene Sprache im Internet bietet Englisch eine hervorragende Grundlage für KI-Modelle.
2. Europäische Sprachen: Sprachen wie Deutsch, Französisch, Spanisch und Italienisch liefern oft qualitativ hochwertige Ergebnisse.
3. Asiatische Sprachen (teilweise): Chinesisch, Japanisch und Koreanisch werden zunehmend besser übersetzt, vor allem von spezialisierten Tools.

Sprachen mit Herausforderungen

1. Afrikanische Sprachen: Aufgrund des Mangels an Trainingsdaten sind Übersetzungen in Sprachen wie Zulu oder Hausa oft ungenau.
2. Indigene Sprachen: Viele indigene Sprachen verfügen nicht über ausreichend Daten, um gute Ergebnisse zu erzielen.
3. Komplexe Grammatik: Sprachen wie Ungarisch oder Finnisch, die komplexe grammatische Strukturen haben, stellen für KI-Systeme oft eine Herausforderung dar.

Praxistest: Kann eine KI-Übersetzung mit der eines Menschen mithalten?

In einem Experiment haben wir DeepL und ChatGPT für Fachübersetzungen aus den Bereichen Recht, Marketing und Technik getestet. Die Übersetzungen ins Französische und Polnische wurden von muttersprachlichen Post-Editorinnen evaluiert, basierend auf fünf Fehlerkategorien:

• Konsistente Terminologie
• Korrektheit und Vollständigkeit
• Stil
• Sinnhaftigkeit
• Sprachkonventionen (Grammatik, Rechtschreibung, Interpunktion etc.)

Die Ergebnisse
  • DeepL: Stilistisch besser, aber Probleme mit der Vollständigkeit (z. B. fehlende Absätze im Rechtstext). Im Polnischen wird ungewöhnlich häufig das Passiv verwendet.
  • ChatGPT: Bessere terminologische Einheitlichkeit, aber inkonsistente Anredeformen und sinnverfälschende Übersetzungen bei komplexen Texten.

Weder DeepL noch ChatGPT konnten den Kontext der Ausgangstexte vollständig erfassen. Besonders bei Marketingtexten waren die Ergebnisse so unbefriedigend, dass eine komplette Neuübersetzung erforderlich war. Dennoch bieten beide Systeme solide Ansätze, die durch menschliches Post-Editing verbessert werden können.

DeepL vs. ChatGPT: Eine detaillierte Analyse

Die vollständige Analyse des Experiments finden Sie in unserem Blogartikel „MÜ- und KI-gestützte Übersetzungen in der Praxis: Das Duell DeepL vs. ChatGPT“.

Fazit

KI-Übersetzungen sind ein wertvolles Werkzeug, das besonders bei einfachen Texten und großen Datenmengen punkten kann. Doch für Fachübersetzungen oder stilistisch anspruchsvolle Texte bleibt der menschliche Übersetzer unverzichtbar. Die Kombination aus maschineller Übersetzung und menschlichem Post-Editing könnte jedoch in Zukunft den optimalen Ansatz bieten, um Geschwindigkeit und Qualität zu vereinen. Und genau dies ist unser Ansatz.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zu KI-Übersetzungen

  1. Sind KI-Übersetzungen immer kostenlos?
    Nein, viele Tools bieten zwar kostenlose Basisversionen an, für professionelle Features oder große Textvolumen ist jedoch oft ein Abonnement notwendig.
  2. Welche Sprachen werden am besten übersetzt?
    Europäische Sprachen wie Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch liefern meist die besten Ergebnisse.
  3. Eignen sich KI-Tools für Fachübersetzungen?
    Nur eingeschränkt. Ohne menschliches Post-Editing können Fehler in der Terminologie oder im Kontext auftreten.
  4. Wie sicher sind KI-Übersetzungstools?
    Viele Anbieter versprechen Datenschutz, aber vertrauliche Informationen sollten besser nicht direkt in Online-Tools eingegeben werden.
  5. Wie kann ich die Qualität der Übersetzung verbessern? ‚
    Durch klare, einfache Eingabetexte und die Verwendung von Tools, die Terminologie-Datenbanken unterstützen.
  6. Sind maschinelle Übersetzungen kreativ?
    Nein, sie können nur bestehende Muster reproduzieren und sind nicht in der Lage, kreativ zu arbeiten.
  7. Wie unterscheiden sich KI-Tools von klassischen MÜ-Systemen?
    KI-Tools nutzen neuronale Netze und können Kontext besser verarbeiten als regelbasierte Systeme.
  8. Welche Texte sind für KI-Übersetzungen ungeeignet?
    Poetische, metaphorische oder stark kulturell geprägte Texte eignen sich weniger, da Nuancen oft verloren gehen.
  9. Können KI-Tools mehrere Dialekte einer Sprache übersetzen?
    Teilweise. Während Tools wie DeepL und ChatGPT in Standardsprachen gut arbeiten, haben sie oft Schwierigkeiten mit Dialekten.
  10. Was bringt die Zukunft für KI-Übersetzungen?
    Verbesserte Modelle, die spezifische kulturelle Nuancen und komplexe Kontexte besser verstehen können, sowie eine tiefere Integration in Workflows für Unternehmen.
Beitrag teilen:

Weitere tolle Beiträge

Sie haben Fragen?

Gerne stehen wir Ihnen für Fragen und Informationen zur Verfügung.